Sandra Graf, Cycling, Leichtathletik
Quick Facts
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Status
Ehemalig -
Wohnort
9056 Gais (AR)
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Geburtsdatum
09.12.1969
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Beruf
Sportlerin
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Wettkampfklasse
WH4/T54
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Disziplinen
Paracycling: Strassenrennen, Zeitfahren
Leichtathletik: Marathon -
Behinderung
Paraplegie
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Grund der Behinderung
Sturz von den Schaukelringen
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Homepage
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Hobbies
Sport allgemein
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Lebensmotto
Lebe dein Leben
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Ziele an den Paralympics in Tokio
Gewinn einer Medaille
Sandra Graf wuchs im schönen Appenzell, genauer gesagt in Gais, auf. Als Kind und Jugendliche war sie stets äusserst aktiv. Sie bestritt zusammen mit ihren Schwestern regelmässig Skirennen. Für den Übertritt in ein Kader reichte es aber nicht ganz, da sie sich dazu entschloss, eine Lehre zu absolvieren. Dennoch blieb sie aktiv, so auch im Turnverein TV Teufen, wo sie Leichtathletik und Grossfeldgymnastik trainierte.
In einem Turntraining im September 1991 fiel sie von den Schaukelringen und wurde querschnittgelähmt. Zur Erstrehabilitation kam sie ins Paraplegikerzentrum in Nottwil. Noch in der Reha nahm sie an einem Schnupperkurs im Monoskifahren teil und war schnell wieder auf dem Schnee unterwegs. Anfängliche Bedenken, dass das Fahren im Skibob sich nicht mehr gleich anfühlt wie vorher, verflogen rasch. So ging sie direkt nach ihrem Austritt aus Nottwil in einem weiteren Kurs, eine Woche Skifahren.
Von den Winter- zu den Sommerspielen
Es ist nicht verwunderlich, dass sie alsbald begann, an Trainingslagern und Rennen teilzunehmen und Aufnahme im Kader fand. Etwa dreieinhalb Jahre nach ihrem Unfall nahm sie bereits an den paralympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer teil und beendete im Riesenslalom das Rennen als Vierte.
Im selben Jahr wurden sie und Ehemann Martin Eltern von Tochter Melanie. Neben ihrer neuen Rolle als Mami war der Sport weiterhin fester Bestandteil ihres Lebens. Kurz nach der Reha hatte sie auch mit dem Rennrollstuhlfahren begonnen und nahm an Bahnrennen und Marathons teil. 1997 kam die zweite Tochter – Mara – zur Welt.
Dank der tatkräftigen Mithilfe der Grosseltern konnte Sandra Graf kurz darauf wieder Rennrollstuhlrennen bestreiten und richtete ihren Blick auf die Sommerspiele 2000 von Sydney. Auch diese Selektion schaffte sie und ist damit eine von wenigen Athletinnen, welche sowohl an Winter- wie auch an Sommerparalympics teilgenommen hat. Den Marathon in Australien beendete sie schliesslich auf dem fünften Rang. Mit den Jahren konnte Sandra Graf ihr Training ausweiten und sich verbessern. Im Frühling 2004 fuhr sie im Tessin praktisch allein einen neuen Weltrekord über 5000m und reiste als Mitfavoritin an die paralympischen Spiele von Athen. Dort jedoch schlug die Defekthexe zu. Am Bahnregulator löste sich eine Schraube, sodass Sandra Graf gezwungen war, in jeder Kurve zu lenken. Sie konnte ihren Rennrollstuhl nicht mehr mit beiden Armen antreiben und beendete das 5000m Rennen als enttäuschte Sechste.
Erstes Edelmetall
Auch vier Jahre später blieb der Kämpferin aus dem Appenzell zu Beginn der Spiele von Peking wenig erspart. Erneut startete sie mit grossen Hoffnungen ins 5000m Rennen. Mit Teamkollegin Edith Hunkeler hatte sie sich eine gute Ausgangslage erarbeitet. Ausgangs einer Kurve verliess Hunkeler ihre Linie und es kam zu einem Massensturz, dem Graf glücklicherweise entging. Doch das Rennen wurde annulliert und wiederholt. Im neu angesetzten Rennen kämpfte Graf mit einem Blaseninfekt und konnte deshalb nicht ihr ganzes Leistungsvermögen abrufen. Beim Marathon bot sich ihr die Gelegenheit, endlich eine paralympische Medaille zu gewinnen. Das gesamte Feld blieb stets zusammen. Graf wusste, dass sie ihr Heil in der Flucht suchen musste. Sie fuhr als Erste ins Vogelnest ein, musste sich aber auf den letzten Metern noch von zwei Konkurrentinnen übersprinten lassen. Für die langersehnte erste Paralympics-Medaille reichte es dennoch.
Nach den Spielen von Peking versuchte sie im Training neue Reize zu setzen und entdeckte den Handbikesport. Dort konnte sie sich ihre Trainingsstrecken frei aussuchen und so auch zusammen mit ihrem Mann und den beiden Töchtern trainieren. An ihrer ersten WM 2010 gewann sie bereits zwei Silbermedaillen. 2011 fand im neuseeländischen Christchurch die Leichtathletik WM statt. Dort belegte sie sowohl über 5000m, wie auch im Marathon, Rang zwei. Im Marathon war sie nur einen Wimpernschlag vom WM-Titel entfernt. Dasselbe Schicksal ereilte sie im selben Jahr an der Para Cycling WM, wo im Strassenrennen der Zielfilm zu ihren Ungunsten entschied.
Goldenes London
Ein Jahr später wurden in London in einer fantastischen Atmosphäre die Paralympics ausgetragen. Für Sandra Graf starteten diese Spiele mit einer Enttäuschung. Im Leichtathletikrennen über 5000m blieb sie im Vorlauf hängen. Glücklicherweise gelang es ihr, dieses Rennen zu vergessen und sich auf die anstehenden Bewerbe im Handbike zu konzentrieren. Die Strecke auf der Automobilrennstrecke von Brands Hatch lag ihr sehr. Endlich konnte sie den Spiess an einem grossen Rennen umdrehen. Im Zeitfahren schlug sie Dauerrivalin Monica Bascio und sicherte sich damit den paralympischen Titel. Im abschliessenden Marathon konnte sie als Dritte ihre zweite Paralympics-Medaille der Spiele in London gewinnen.
Die folgenden Jahre waren für Graf schwierig. Sie blieb mit ihren Leistungen teilweise hinter ihren Erwartungen zurück, wie an den Weltmeisterschaften im Para Cycling 2013 und 2015, wo sie aber dennoch je zwei bronzene Auszeichnungen gewann. Die WM 2014 im amerikanischen Greenville endete für Sandra Graf bereits beim Aufwärmen zum Zeitfahren, da sie von einem Auto abgeschossen wurde und wegen der daraus folgenden Verletzung am Arm keine Wettkämpfe bestreiten konnte.
Fahnenträgerin
An den Paralympics in Rio wurde ihr die grosse Ehre zu Teil, als Fahnenträgerin die Schweizer Delegation bei der Eröffnungsfeier anzuführen. Für sie ein Wahnsinnsgefühl und eine grosse Anerkennung ihrer Leistung. An den Para Cycling Rennen wurden für die Paralympics mehrere Behinderungsklassen zusammengelegt, was sich als grosser Nachteil für die Schweizerin erwies und ihr das Eingreifen im Kampf um die Medaillen verwehrte.
In der Saison 2019 fand sie, unter anderem dank intensiviertem Krafttraining, zu einer tollen Form zurück. An der Weltmeisterschaft im holländischen Emmen beurteilte sie ihre Leistung im Zeitfahren noch etwas kritisch. Die Bronzemedaille, die ihr um den Hals gehängt wurde, zeigte aber ein anderes Bild. Im Strassenrennen konnte sie sich jedoch tatsächlich noch steigern. Sie hielt sich lange in der Spitzengruppe auf, konnte die harten Attacken der Konkurrenz mitgehen und belohnte sich für diese Willensleistung mit Rang zwei.
Auch nach dem Corona-Unterbruch kann Graf an ihre Erfolge anknüpfen: Bei der Weltmeisterschaft 2021 im portugiesischen Cascais gewinnt sie im Zeitfahren Bronze.
Der Sport ist auch in ihrer Freizeit ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Sie engagiert sich noch immer im TV Teufen. Oft ist sie auch in den Clubtrainings des Rollstuhlclubs St. Gallen anzutreffen. Im Winter sieht man sie ab und an auf den Langlaufloipen der Region und sie unterstützt auch ihre Töchter bei deren sportlichen Einsätzen vom Rand des Wettkampfplatzes aus.
2021
Das Multitalent im Schatten (sportlerin-magazin.ch)
Medienmitteilungen – WM Emmen 2019
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WM-Bronze für Sandra Graf
Graf doppelt mit Silber nach
Selektionsschreiben Para-Cycling WM Emmen 2019
Leichtathletik Marathon WM London, 28. April 2019
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