Paris 2024 DE 26. August 2024

An den Paralympics in Paris will die Schweizer Delegation so erfolgreich sein wie zuletzt in Tokio. Dank dem starken Leichtathletik-Team, Medaillenchancen im Para-Cycling und Potenzial in weiteren der neun Sportarten. Rudern und Judo feiern an den Paralympics eine Schweizer Premiere.

Am Gare de Lyon im Zentrum von Paris herrscht dieser Tage wieder Hochbetrieb. Gut zwei Wochen nachdem die Olympischen Spiele mit einer spektakulären Abschlussfeier im Stade de France in Saint-Denis zu Ende gegangen sind, reisen Athletinnen und Athleten aus der ganzen Welt in die französische Hauptstadt, um an den 17. Paralympischen Spielen um Edelmetall zu kämpfen. Für Frankreich sind es die allerersten Paralympics, die seit Rom 1960 ausgetragen werden.

Swiss Paralympic ist mit 27 Athletinnen und Athleten vor Ort, so vielen wie seit 2008 in Peking nicht mehr, als die Delegation sogar 28 Teilnehmende umfasste. Als erstes wird das Badminton-Duo Ilaria Renggli und Cynthia Mathez ins Geschehen eingreifen. Die 24-jährige Aargauerin Renggli ist eine von neun Athletinnen im Schweizer Team, die erstmals auf der grossen paralympischen Bühne auftreten. Ihre 38-jährige Doppelpartnerin erreichte in Tokio mit Karin Suter-Erath Rang 4. Cynthia Mathez und Ilaria Renggli träumen von einer Medaille. Dafür müssen sei allerdings als einziges europäisches Gespann drei asiatische Duos hinter sich lassen. «Es ist eine herausfordernde Auslosung, aber eine Medaille ist nicht unmöglich», sagt Sportchef Andreas Heiniger. Im Einzel stehen die Chancen weniger gut. Mathez (WH1) und Renggli (WH2) treffen in ihren Kategorien unter anderen auf die jeweilige Weltnummer 1.

Ebenfalls wenig Losglück hatte im Männer-Tableau Luca Olgiati. Auch der 36-jährige Aargauer wird in den Gruppenspielen der Weltnummer 1 gegenüberstehen. Da sich nur die Sieger der vier Gruppen für die Halbfinals qualifizieren, müsste Olgiati zum Weiterkommen einen grossen Exploit landen.

Grösste Medaillenchancen in der Leichtathletik

Deutlich grösser sind für die Schweiz die Medaillenchancen in der Leichtathletik. Mit Marcel Hug, Manuela Schär, Catherine Debrunner und Elena Kratter ist ein Quartett erneut im Aufgebot, das in Tokyo 2020 zwölf der insgesamt 14 Schweizer Medaillen holte. Swiss Paralympic orientiert sich bei der Zielsetzung in Paris an der Ausbeute von Japan. Entsprechend sind auch die Hoffnungen gross, dass die Leichtathletinnen und Leichtathleten ihre Medaillensammlungen erweitern. «Dass wir in der Leichtathletik grosse Ambitionen haben, ist kein Geheimnis», sagt Heiniger, ohne sich auf eine Anzahl Medaillen festlegen zu wollen. Der Fakt, dass das erfolgreiche Quartett von Tokio auch im Stade de France am Start sein wird, gibt ihm Zuversicht, an diese Erfolge anknüpfen zu können.

Während mit Fabian Blum und Licia Mussinelli zwei aus dem Leichtathletik-Team erstmals dabei sind, startet der 52-jährige Beat Bösch bereits zum siebten Mal bei Paralympics. Für Patricia Eachus sind es die dritten paralympischen Spiele, Alexandra Helbling und Abassia Rahmani sind zum zweiten Mal am Start.

Erfolgreiches WM-Trio auf Bahn und Strasse

Eine weitere Sportart, in der sich Swiss Paralympic Medaillenchancen ausrechnet, ist das Para-Cycling. Anders als 2021 in Tokio ist die Schweiz diesmal nicht nur im Handbike am Start, sondern auch auf dem Rennvelo und Dreirad. Mit der Zürcherin Flurina Rigling, der Appenzell-Innerrhoderin Franziska Matile-Dörig und der Genferin Celine van Till sind im siebenköpfigen Cycling-Team drei Athletinnen dabei, die in ihren Wettkampfklassen schon mehrere WM-Medaillen heimbringen konnten. Auch wenn an Paralympics teils Startklassen zusammengelegt werden und die Konkurrenz entsprechend stärker ist, traut Olivia Stoffel dem Cycling-Team durchaus etwas zu: «Eine Medaille liegt sicher drin», sagt die stellvertretende Chef de Mission. «Mindestens eine.»

Die Handbike-Fraktion mit Fabian Recher, Benjamin Früh und der mehrfachen Gesamtweltcupsiegerin Sandra Stöckli hat im Weltcup diverse Erfolge vorzuweisen und möchte an diese Leistungen auch bei den Paralympics anknüpfen. Bei den stehenden Fahrer*innen sammelt der Luzerner Timothy Zemp auf Bahn und Strasse erstmals paralympische Erfahrungen.

Debütierendes Duo

Insgesamt werden an den Paralympics zwischen dem 29. August und dem 8. September nicht weniger als 549 Medaillensätze vergeben. Swiss Paralympic ist in neun der 22 Sportarten vertreten, wobei Heiniger und Stoffel auch im Schwimmen Potenzial sehen für Platzierungen in den Top 3. Die Aargauerin Nora Meister holte vor drei Jahren Bronze über 400 m Crawl, aber auch der 20-Jährige Leo McCrea, der Jüngste der Delegation, setzt sich über 100 m Brust eine Medaille als Ziel. In Tokio klassierte sich der damals 17-Jährige auf Rang 5.

Und dann gibt es im Schweizer Team mit Carmen Brussig, der Glarnerin mit ostdeutschen Wurzeln, und der Tessinerin Claire Ghiringhelli zwei Sportlerinnen, welche dafür sorgen, dass die Schweiz in zwei Sportarten erstmals an Paralympics vertreten ist. Vor ihrem Nationenwechsel hat Judoka Brussig für Deutschland einen kompletten paralympischen Medaillensatz gewonnen. Ihre Zwillingsschwester Ramona Brussig tritt in Paris für Deutschland im Judo an.

Die im Süden von Paris wohnhafte Ruderin Ghiringelli kennt die Anlage in Vaire-sur-Marne bestens. «Es sind wirklich Heimspiele», meint sie. Auch der Sportschützin Nicole Häusler trauen die Sportchefs Heiniger und Stoffel einen Exploit zu. «Wer weiss, es ist alles möglich», sagt Stoffel. Und Heiniger ergänzt: «Es wäre top, wenn wir die Marke von Tokio egalisieren könnten. Alles andere ist Zugabe.»

Tennisspielerin Nalani Buob startet auf der Anlage von Roland Garros in ihre zweiten Paralympics. Dressurreiterin Nicole Geiger, die älteste Athletin im Team, ist zum dritten Mal dabei, erstmals mit ihrem Pferd Donar Weltino.

Bild: Keystone-SDA/Ennio Leanza

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