Schweizer Medaillenchancen an der Para-Cycling-EM in Oberösterreich
15 Schweizer Para-Cycler*innen messen sich vom 25. bis 29. Mai in Oberösterreich mit der europäischen Konkurrenz. Die EM im Strassenrennen, Zeitfahren und in der Team-Staffel wird zum zweiten Mal an fünf verschiedenen Orten rund um Schwanenstadt ausgetragen. 2021 hat die Schweiz dort sechs Mal Gold, fünf Mal Silber und sechs Mal Bronze geholt.
So gross war die Schweizer Cycling-Delegation an einem internationalen Titelwettkampf noch nie. Bei den stehenden Athlet*innen konnte sich bis vor ein paar Jahren nur Roger Bolliger mit der internationalen Konkurrenz messen, mittlerweile sind neun Athlet*innen von PluSport am Start. Nationalcoach Dany Hirs probiert, in möglichst jeder Wettkampfklasse einen Athleten oder eine Athletin aufzubauen. Durch Diversifikation und einer breiteren Basis können im Hinblick auf die Paralympics in Paris 2024 mehr Punkte für Quotenplätze gesammelt werden.
«Seit London 2012 professionalisiert sich die Para-Cycling-Szene stetig. Stillstand bedeutet Rückschritt», sagt Roger Bolliger. Deshalb sei es wichtig, in einem immer professionelleren Umfeld zu trainieren. «Es ist auch genial im Team unterwegs zu sein. Ich kann meine Erfahrungen teilen, da ich auf einige Jahre zurückblicken kann. Wir haben eine gute Gruppendynamik», so Bolliger. Persönliche Motivation ist für den Aargauer vor allem die Leistungskurve und weniger der Rang, da auch die Konkurrenz immer stärker wird.
Flurina Rigling konnte im vergangenen Jahr in ihrer zweiten Rennsaison bereits international Erfolge feiern. Von ihrem schweren Sturz im ersten Weltcup-Strassenrennen dieses Jahres kam sie nach Untersuchungen im Spital mit Prellungen und blauen Flecken davon. Eine Woche später holte sie in Elzach Gold im Bergzeitfahren und Silber im Strassenrennen. Mit Vorfreude blickt die Studentin nun auf die hügelige, technisch anspruchsvolle EM-Strecke. «Ich habe ein gutes Gefühl. Es wird sicher noch spannender als letztes Jahr», sagt Rigling.
Dieses Jahr wird die Konkurrenz bei der EM aufgrund der höheren Teilnehmeranzahl grösser sein, 204 Einzelstarter*innen und 44 Tandems sind angemeldet. In der Kategorie der Dreiradfahrer starten die Genferin Celine van Till und der Luzerner Fabiano Wey. Fabiano Wey holte im Strassenrennen von Elzach Bronze, Celine van Till holte dort zwei Mal Gold. «Wenn wir allein die Hälfte der Medaillen im Vergleich zum letzten Jahr holen könnten, wäre das schon sehr gut», sagt Nationalcoach Dany Hirs im Hinblick auf die Rennen in Oberösterreich.
Auch bei den Handbikern sind sechs starke Athlet*innen am Start. Sandra Stöckli gewann zum Saisonstart eine Silbermedaille nach der anderen im Strassenrennen sowie im Zeitfahren, Fabian Recher überzeugte in zwei Weltcups mit Bronze im Strassenrennen und auch Benjamin Früh stand auf dem Podest im Zeitfahren. Felix Frohofer musste den Weltcup-Saisonstart wegen der Spitzensport-RS auslassen, er wird an der EM am Start sein.
«Für Fahrerinnen wie Sandra Stöckli ist eine Medaille ein klares Ziel. Sie hat gezeigt, dass sie in die Fusstapfen von Sandra Graf tritt und den Sprung an die Weltspitze geschafft hat», sagt der Nationalcoach der Handbiker Michael Würmli. Sandra Graf betreut das Team als Assistenztrainerin. Sie ist seit ihrem Rücktritt als Spitzensportlerin zudem für den Nachwuchs zuständig.
Von Athleten wie Fabian Recher sei auch einiges zu erwarten. In einem starken Teilnehmerfeld fuhr er in seinen ersten beiden Weltcups bereits aufs Podest. Er setzt den Fokus vor allem auf das Strassenrennen. Alle Top-Handbiker in seiner Wettkampfklasse sind mittlerweile Profi-Athleten. Das bedeutet auch für die Schweiz: weitere Professionalisierungsschritte und möglichst viele Punkte für Paris 2024 sammeln.
Im Para-Cycling gibt es ein spezielles Qualifikationssystem für die Paralympics, das auf Punkten pro Nation beruht. Pro Kategorie werden an jedem Wettkampf Punkte vergeben. Deshalb versucht die Schweiz in möglichst vielen Wettkampfklassen teilzunehmen und hat aus diesem Grund auch taktische Selektionen vorgenommen.
Nach der EM in Oberösterreich stehen für die Para-Cycler*innen nach den Schweizermeisterschaften Ende Juni und einem weiteren Weltcup in Québec noch die WM im kanadischen Baie-Comeau im August auf dem Programm, ein weiterer Meilenstein Richtung Paris 2024 und der WM 2024 in Zürich. Diese ist für die Schweizer Para-Cycler*innen und Nachwuchsathlet*innen ein grosses Ziel.
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Foto: Nicolai Morawitz